Pétanque! und Frank

Pétanque: Frank Jermann

Es war und ist mein Spiel, mein Sport. Seit ich 1985 in Alto­na den ers­ten Kon­takt mit Pétan­que bekam, ist das so. Es waren inten­si­ve Bou­le­jah­re, erst im Nor­den und spä­ter im Südwesten.

Mei­ne ers­ten Erfah­run­gen mit „Funk­tio­nä­ren“ mach­te ich zu Beginn der 90er Jah­re in Frei­burg. Die ver­krus­te­te Boule­sze­ne spie­ßi­ger Män­ner mit recht viel Durst war eine beson­de­re Erfah­rung — eben­so wie der Man­gel an Inter­es­se bei den ande­ren, dies zu ändern. Man woll­te wohl nur spielen.

Mit einer Ver­eins­grün­dun­g¹ und mei­ner klei­nen Boule­postille namens Cochon­ne­rie² konn­te ich den badi­schen Mief etwas durch­quir­len. 25 Jah­re spä­ter nimmt man mich viel­leicht selbst als Spie­ßer wahr, wenn ich auf unse­rem neu­en Bou­lo­dro­me in Bracht­tal ver­bis­sen Laub har­ke. Immer­hin kann ich hier als Teil einer wei­te­ren Ver­eins­grün­dung dazu bei­tra­gen, die ziem­lich wei­ße Pétan­que-Land­kar­te der Vogels­berg­re­gion etwas zu füllen.

Ganz weg war ich nie: Selbst in Zei­ten, in denen Pétan­que nicht in mein Leben pass­te, habe ich doch ab und zu mit einem Auge auf die Sze­ne geschaut. Jetzt, im Jahr 2023, bin ich nach lan­gen Jah­ren wie­der aktiv, spie­le zwei­mal die Woche.

Ich ver­fol­ge die aktu­el­len Gescheh­nis­se in Deutsch­land, schaue Über­tra­gun­gen von Spie­len und freue mich über die grund­sätz­lich posi­ti­ve Entwicklung.

Ande­rer­seits sehe ich aber auch, was sich nicht getan hat. So erken­ne ich man­ches Pro­blem, das es bereits vor 40 Jah­ren gab — und unver­ständ­li­cher­wei­se heu­te noch gibt.

Damals träum­ten wir von Pétan­que als olym­pi­scher Sport­art, waren wirk­lich hoff­nungs­voll. Heu­te sehe ich nicht, dass ein Auf­tritt mei­ner Sport­art auf die­ser Büh­ne noch zu mei­nen Leb­zei­ten statt­fin­den wird. Cur­ling hat es geschafft. War­um nicht Pétanque?

Es ist also ein rela­tiv lan­ges Boule­le­ben, auf das ich zurück­bli­cken kann. Die vie­len Sta­tio­nen (zu Ham­burg und Frei­burg kamen noch Mün­chen, Darm­stadt und jetzt die Vogels­berg­re­gion) boten mir einen guten Ein­blick und vie­le Erfah­run­gen — meist schö­ne. Es gab aber durch­aus auch eini­ge schlech­te Momente.

Als Spie­ler war ich fast immer ein unwich­ti­ger Teil der gro­ßen Bou­le­ge­mein­de Deutsch­lands — als wacher und kri­ti­scher Beglei­ter mög­li­cher­wei­se ein­fluss­rei­cher: Ich habe frü­her viel über unse­ren Sport geschrieben.³ Sicher wur­de so man­cher mei­ner Arti­kel von den Gran­den des Sports verdammt.

Mei­ne Bericht­erstat­tung über ein Fina­le der Badi­schen Meis­ter­schaft in Frei­burg mit schwer betrun­ke­nen Spie­lern führ­te bei­spiels­wei­se dazu, dass man mich wegen ver­eins­schä­di­gen­den Ver­hal­tens aus dem Badi­schen Pétan­que Ver­ein aus­schloss. Ohne Anhö­rung, aber per Einschreiben.

Inner­halb der ver­stän­di­ge­ren Leser­schaft gab es jedoch viel Zuspruch, weil sich end­lich jemand trau­te. Geän­dert hat sich aller­dings nichts. Man woll­te wohl lie­ber spielen.

Die Reich­wei­te, die ich als Autor in den 90er Jah­ren auf bedruck­tem Papier hat­te, war damals natür­lich gering. Mit der Digi­ta­li­sie­rung haben sich die Mög­lich­kei­ten mitt­ler­wei­le aber radi­kal geän­dert. Das möch­te ich nut­zen und mit die­sem Web­auf­tritt zum The­ma Pétan­que viel­leicht wie­der dort anset­zen, wo es Not tut.

Zudem — und das fin­de ich am span­nends­ten — will ich in der Ver­gan­gen­heit kra­men. Es ist eine Gene­ra­ti­on her, als ich damals anfing zu spie­len. Und da gibt’s zum Teil wirk­lich Inter­es­san­tes, teils auch mit Bezug zu heute.

Mit mei­nen Ansich­ten habe ich sel­ten hin­ter der Kugel gehal­ten — und so wer­de ich das auch wei­ter­hin praktizieren.

Dar­auf freue ich mich.

Frank Jer­mann, im Novem­ber 2023

¹Die Spiel­ge­mein­schaft Wieh­re gibt es heu­te noch, mitt­ler­wei­le als ein­ge­tra­ge­nen Verein.

²Das klei­ne Blatt namens Cochon­ne­rie sorg­te damals für Skan­da­le. Fun Fact: Es gab Men­schen, die das Pro­jekt anfangs gut fan­den — bis ihnen klar wur­de, was der Name bedeu­tet.

³In den 90er Jah­ren schrieb ich eini­ge Zeit für das Fach­ma­ga­zin Pétan­que Inter­na­tio­nal.